Das BHSA-Einführungsseminar für hörbehinderte StudienanfängerInnen

Über das Einführungsseminar

Für viele StudienanfängerInnen ist es nicht leicht, in einer Universität oder Fachhochschule Fuß zu fassen; sie müssen sich selbständig um ihr Studium kümmern und sich in einer neuen Umgebung zurechtfinden. Diese unterscheidet sich stark von der Schule.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Hörbehinderter Studenten und Absolventen (BHSA e.V.) ist ein studentischer Selbsthilfeverein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, hörbehinderten Studierenden vor Beginn, am Anfang und während des Studiums im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen. Ein Arbeitsschwerpunkt ist das jährlich stattfindende Einführungsseminar für schwerhörige und gehörlose StudienanfängerInnen.

Inhalt des Artikels:

Meinungen zum BHSA-Einführungsseminar
Gerichtsurteil bestätigte die Notwendigkeit des BHSA-Einführungsseminars

Gruppe des Einführungsseminars 2003

Der Inhalt dieses Seminars orientiert sich an den bisher gemachten Erfahrungen der Mitglieder der 1986 gegründeten BHSA. Neue Entwicklungen werden ebenfalls nicht fehlen, z. B. das Sozialgesetzbuch IX und das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen. Natürlich werden auch Fragen zur Finanzierung des Studiums und zu Studienhilfen beantwortet, sowie die neuen Änderungen des BaföGs besprochen. Ausserdem wird auch auf die Möglichkeiten von Nachteilsausgleichen im Studium und auf den Härtefallantrag bei der Studienbewerbung hingewiesen.

Die Referenten des Seminars sind selbst hörbehindert. 

 

Meinungen zum BHSA-Einführungsseminar

Seminarteilnehmer verfolgt die Erklärungen über den Studienanfang

  1. Eine hochgradig schwerhörige Germanistin:
    „Ich erfuhr per Zufall im Videotext von der BHSA-Einführungsveranstaltung für hörbehinderte Studienanfänger in Frankfurt und nahm daran teil. Neben den technischen, organisatorischen und finanziellen Tipps war die „moralische Unterstützung“ für mich von großer Bedeutung. Seither besuche ich die jährlichen Tagungen, so oft ich kann, weil sie als regelrechte „Tankstelle“ fungieren. Dort „tanke“ ich Zuversicht, indem das Beispiel der anderen mir zeigt: Alles ist möglich, wenn ich nur will.
    Download ihren kompletten Bericht (rtf, 4kb).
  2. Ein schwerhöriger Informatiker:
    „Bevor ich das Studium begann, besuchte ich den BHSA-Einführungskurs für hörbehinderte Studienanfänger. Dort erhielt ich ausführliche Informationen über technische Geräte für Hörbehinderte, Organisation des Studiums und die Möglichkeiten, Hilfsmittel zu beantragen. Als ich anschließend das Studium begann, merkte ich schnell, dass ich ohne das Einführungsseminar sehr bald ins Schleudern geraten wäre. Es ersparte mir viele Schwierigkeiten nicht nur durch Information, sondern auch dadurch, daß es einige falsche Vorstellungen über Behindertenbeauftragte, Hörsaal-Akustik, Geräuschsituation etc. abbaute.“
    Download seinen kompletten Beitrag (rtf, 8kb) (8 kB).

 

Gerichtsurteil bestätigte die Notwendigkeit des BHSA-Einführungsseminars

Teilnehmer während des BHSA-Seminars

Im Fall, in dem der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern sich weigerte, die Notwendigkeit unseres Einführungsseminars anzuerkennen, gab der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg unserer Klage recht. Zitate aus dem Urteil vom Januar 1997:

„Im vorliegenden Fall geht es darum, ob ein sozialhilferechtlicher Bedarf für eine Beratung und Information des Klägers vor dessen Studium deshalb bestand, weil hierdurch die Folgen der Behinderung im Sinne des § 39 Abs. 3 S. 1 BSHG gemindert wurden und ihm die Ausbildung zu einem angemessenem Beruf ermöglicht wurde.“

„Dies bedeutet, daß die Frage, ob dem Kläger Eingliederungshilfe zu gewähren ist, zu bejahen ist, während lediglich das „Wie“ der Hilfsgewährung, wie nachstehend im einzelnen zu behandeln sein wird, im Ermessen des Beklagten steht.“

„Der sozialhilferechtliche Bedarf des Klägers folgt daraus, daß nach der überzeugenden Stellungnahme der BHSA vom 14.5.1991 hörbehinderte Studenten ständig mit Informationsdefiziten zu kämpfen haben. Sollen sie beim Studium nicht scheitern, müssen sie von vornherein wissen, welche Schwierigkeiten auf sie zukommen. … Hörbehinderte sind demnach bereits auf eine Beratung vor Beginn des Studiums angewiesen, um behinderungsbedingte Nachteile und Defizite rechtzweitig ausgleichen und das Studium erfolgreich durchführen zu können. Dieser Bedarf folgt aus der Besonderheit der Behinderung und aus der allgemeinen Ausnahmesituation behinderter Studenten während des Studiums. Die Besonderheit der Behinderten, insbesondere gerade der Hörbehinderten, zeigt sich daran, daß eine Beeinträchtigung normaler Kommunikationsmöglichkeiten vorliegt, die einen speziellen, auf die Belange gerade der hörbehinderten Studenten abstellenden Ausgleichsbedarf begründet.“

DGS-Dolmetscherin übersetzt simultan die Seminarinhalte vor zwei Teilnehmern

„Die Erforderlichkeit der Hilfe kann auch nicht mit dem Argument in Abrede gestellt werden, daß behinderte Studenten auch ohne den fraglichen Einführungslehrgang das Studium zu betreiben in der Lage sind. Diese Auffassung übersieht, daß als Folge von Behinderungen, wie ausgeführt, gerade eine überdurchschnittliche große Anzahl von Studienwechseln und -unterbrechungen stattfindet, also ein ungehindertes Studium gerade nicht ausnahmslos gewährleistet ist. Unabhängig davon wird nicht berücksichtigt, daß die Bewältigung des Studiums durch hörbehinderte Personen im Normalfall unter großen Schwierigkeiten erfolgt, die abzumildern gerade die Aufgabe der Eingliederungshilfe ist.“

Dies bedeutet, daß die letzten rechtlichen Zweifeln an der Notwendigkeit des Einführungsseminars für hörbehinderte StudienanfängerInnen aus dem Weg geräumt worden sind.

Diese Auseinandersetzung begann 1991 mit einem überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Dieser weigerte sich die Notwendigkeit des Einführungsseminars für hörbehinderte StudienanfängerInnen anzuerkennen und die Restkosten zu übernehmen. Seit diesem Grundsatzurteil vom Januar 1997 übernimmt auch er die Restkosten.

In diesem Zusammenhang muß erwähnt werden, daß dieser langwierige Prozeß ohne die finanzielle Unterstützung vom Verein zur Förderung körperbehinderter Hochbegabter nicht möglich wäre. Dieser Verein übernahm die Rechtsanwaltskosten.


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