Härtefallantrag

Bei der Bewerbung zum Studium kann man bei zulassungsbeschränkten Studienfächern einen Härtefallantrag stellen. Mit einem Härtefallantrag bekommt man eine sofortige Zulassung zum Studium schon in der 1. Auswahlrunde. Jede Universität verwendet eigene Kriterien für einen Härtefallantrag, welche beim Behindertenbeauftragten nachgefragt werden sollten. Allerdings verzichten viele Universitäten auf spezielle Regularien und verwenden die Kriterien der Stiftung für Hochschulzulassung.

Ein Härtefallantrag muss in freier Form gestellt werden, das bedeutet, dass die eigene Situation auf individuelle Weise dargestellt werden kann. Diese Möglichkeit sollte hierbei auch ausgiebig genutzt werden. Für Hörgeschädigte treffen hauptsächlich gesundheitliche Gründe zu, welche vor den sozialen und wirtschaftlichen Härtefallgründen berücksichtigt werden. Diese müssen einen sofortigen Studienbeginn erforderlich machen, falls man also Wartezeit mit einer sinnvollen Beschäftigung „überbrücken“ kann, fällt man aus dieser Bewertung heraus.

Die offiziellen Kriterien sind jedoch sehr juristisch und formal geschrieben. Das ist nicht für jeden einfach zu verstehen. Daher haben wir mit unserer langjährigen Beratungserfahrung jeden einzelnen Punkt kommentiert und bieten somit einen ersten Anhaltspunkt für die Darstellung der eigenen Gründe für einen Härtefallantrag.


1.1 Krankheit mit der Tendenz zur Verschlimmerung, die dazu führen wird, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft die Belastungen des Studiums in diesem Studiengang nicht durchgestanden werden können.

Bedeutung: Die Hörbehinderung verschlechtert sich stetig, beispielsweise bei einem sogenannten progredienten Verlauf. Das ist das hochrangigste Kriterium und falls man dieses durch ein ärztliches Attest nachweisen kann, wird die Universität eine Zulassung zum Studium zumeist gewähren. Wichtig ist jedoch immer die ärztliche Begründung.


1.2 Behinderung durch Krankheit; die berufliche Rehabilitation kann nur durch eine sofortige Zulassung zum Studium sichergestellt werden, weil aufgrund der Behinderung eine sinnvolle Überbrückung der Wartezeit nicht möglich ist

Bedeutung: Für Hörgeschädigte ein sehr bedeutendes Kriterium, da die Wartezeit zumeist nicht sinnvoll überbrückt werden kann. Denn für die meisten Tätigkeiten wird keine Eingliederungshilfe gewährt, sodass man die Wartezeit bis zum Studium nicht „sinnvoll“ überbrücken kann. Weitere Informationen zum Thema Eingliederungshilfe kann man ebenfalls von uns erhalten, was besonders für die Zeit während des Studiums und im Berufsleben von Bedeutung ist. Dieses Kriterium empfehlen wir grundsätzlich allen Hörgeschädigten, da man es sehr häufig auf einfache Weise mit der Eingliederungshilfe begründen kann. Wir haben aber auch schon sehr viele andere Möglichkeiten zur Begründung gehabt und das hängt immer mit der individuellen Hörbehinderung zusammen, was dabei argumentiert werden kann.


1.3 Beschränkung auf ein enges Berufsfeld aufgrund körperlicher Behinderung; das angestrebte Studium lässt eine erfolgreiche Rehabilitation erwarten

Bedeutung: Hörgeschädigte haben durchaus ein eingeschränktes Berufsfeld. Berufe mit uneingeschränkter Kommunikationsfähigkeit sind nicht zu empfehlen, beispielsweise Dolmetschertätigkeiten. Allerdings muss hierbei begründet werden, warum exakt dieses Studienfach das Problem behebt. Das bedeutet, dass man begründen muss, wie man mit diesem Studium eine berufliche Zukunft aufbauen kann, was man mit anderen Studienfächern nicht könnte.


1.4 Notwendigkeit der Aufgabe des bisherigen Studiums oder des bisherigen Berufs aus gesundheitlichen Gründen; eine sinnvolle Überbrückung der Wartezeit ist aus diesen Gründen nicht möglich

Bedeutung: Bei einer während des Studiums eingetretenen Hörschädigung oder starken zusätzlichen Hörbeeinträchtigung kann dieses Kriterium verwendet werden. Falls man schon ein Fach studiert und wegen der neuen Hörsituation keine beruflichen Perspektiven darin mehr sieht, kann man über diese Begründung in ein anderes Studienfach mit Zulassungsbeschränkung wechseln.


1.5 Körperliche Behinderung; die Behinderung steht jeder anderen zumutbaren Tätigkeit bis zur Zuweisung eines Studienplatzes im Wege

Bedeutung: Falls man für eine berufliche Tätigkeit beispielsweise Assistenzen oder Hilfsmittel benötigt, die über Eingliederungshilfe bezahlt werden müssen, dann kann man dieses Kriterium ebenfalls begründen. Eingliederungshilfe wird nämlich nicht grundsätzlich bezahlt, sondern unterliegt ebenfalls bestimmten Kriterien. Es gibt häufig den Fall, dass eine vorübergehende Tätigkeit nicht mit entsprechenden Hilfsmitteln ausgestattet wird. Wir informieren ebenfalls über die Eingliederungshilfe für Hörgeschädigte.


1.6 Beschränkung in der Berufswahl oder Berufsausübung infolge Krankheit; aufgrund dieses Umstandes Hinderung an einer sinnvollen Überbrückung der Wartezeit

Bedeutung: Bei diesem Kriterium gibt es Überschneidungen mit 1.3 und daher muss sehr genau begründet werden, weshalb man 1.3 erfüllt. Der Vorteil darin liegt, dass es ein höherrangiges Kriterium ist.


Jedoch sind alle Kriterien in dieser Liste alleine für sich stehend schon Härtefallgründe. Aber die reservierten Plätze für die Härtefallquote sind begrenzt und bei manchen Studienfächern muss unter allen Härtefallbewerbern ausgesucht werden. Dabei spielt dann die Härte der Kriterien eine Rolle. Soziale und wirtschaftliche Härtefallgründe werden von gesundheitlichen übertroffen und innerhalb dieser Gruppe gibt es eine gewisse Rangliste, die obenstehend zu lesen ist.

Nicht alle Universitäten folgenden Kriterien der Stiftung für Hochschulzulassung, daher gilt es bei jeder Bewerbung zu prüfen, welche Kriterien für den Härtefallantrag gelten. Falls dazu keine Informationen auf der Internetseite stehen, kann man diese beim Behindertenbeauftragten nachfragen. Meistens begleiten diese auch den Bewerbungsprozess bei Härtefallanträgen.

Allgemein gilt für Härtefallanträge, dass sie gleichzeitig mit der Bewerbung abgegeben werden müssen und zumeist muss man schon im Bewerbungsformular im Internet angeben, dass man einen Härtefallantrag stellen möchte. Die Unterlagen müssen vollständig sein, das bedeutet, dass alle medizinischen Gutachten und sonstigen Nachweise mitgeschickt werden müssen.

Bei den meisten Universitäten wird darauf hingewiesen, dass die Härtefallanträge für Außenstehende verständlich formuliert sein müssen. Das bedeutet nicht nur, dass die Sätze in korrektem Deutsch verfasst sein sollen, sondern vor allem muss die medizinische Grundlage für Laien erkennbar sein. Jede noch so selbstverständlich erscheinende Beeinträchtigung durch die Hörbehinderung muss explizit erwähnt und ausformuliert werden. Ebenso muss der Krankheitsverlauf eindeutig dargestellt werden.

Bei Problemen mit der Formulierung eines Härtefallantrages oder mit speziellen Sonderfällen kann jederzeit Kontakt mit unserem Referat Hörgeschädigte im Studium aufgenommen werden. Wir haben viele Härtefallanträge begleitet, ebenso auch bei der Formulierung und beim Verständnis von Kriterien weitergeholfen. Diese Erfahrung kann auch Dir nützlich sein, um Deinen Wunschstudienplatz zu erhalten. Du kannst ebenso unser Forum verwenden, um Fragen zu stellen.


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